74 Deutsche Bewerbungen für
neue Domain-Endungen
ICANN, die Organisation, die die Vergabe von Webadressen organisiert, hat in Juni die Liste der 1930 Bewerbungen für neuen Domain-Endungen veröffentlicht.
Nächstes Jahr werden bis zu 1000 neue Domain-Endungen wie .gmbh, .saarland,
.lol, .africa, und .我爱你 (Chinesisch für „Ich liebe dich“) angeboten.
Heute können Internetnutzer weltweit aus 22 nicht länderspezifischen Endungen
für Webadressen (z.B. .com, .net, .mobi) auswählen, nächstes Jahr werden ganze tausend
neue Endungen zur Auswahl stehen. Einige davon sind frei zugängliche TLDs wie
.eco, .world und .web, andere wie .nike, .calvinklein, .bmw und .lego gehören
Markeninhabern.
Unsere Analyse zeigt, dass Deutschland im weltweiten Vergleich mit 74 Bewerbungen den 3. Platz hinter den USA (1126 Bewerbungen, inklusive 242 Bewerbungen von US-Unternehmen mit Sitz auf den Cayman Islands, Virgin Islands oder in Luxemburg) und China inklusive Honkong mit 83 Bewerbungen belegt. Auf dem vierten Platz folgt Japan mit 71 Bewerbungen. Damit stammen 70 Prozent aller Bewerbungen aus Amerika, China, Deutschland und Japan. Amerikanische Antragssteller haben allein 58 Prozent aller Bewerbungen eingereicht.
Im Vergleich stehen die Kontinente Afrika und Lateinamerika mit insgesamt
41 Bewerbungen für nur 2 Prozent. Diese Zahl ist geringer als die der Schweiz
mit 51 Bewerbungen (,wovon jedoch die Hälfte durch Vertretugen von
Internationalen Organisationen oder Tochtergesellschaften amerikanischer
Unternehmen eingereicht wurden). Der Raum Asien/Pazifik inklusive China und
Hongkong steht folglich für nur 16 Prozent der Bewerbungen. Die USA dominieren
also deutlich die neuen Domainnamensräume.
58 Prozent aller Bewerbungen sind von US-Antragsstellern.
Woran liegt das?
Es gibt drei Faktoren, die dazu beitragen. Erstens ist die Domain-Investment-Branche
(also Unternehmen, die in gute generischen Domains wie candy.com oder cafe.com,
sex.com investieren) überwiegend amerikanisch. US-Investoren vertreten allein
ungefähr 600 bzw. ein Drittel aller Bewerbungen um eine neue Endung für
Webadressen. Zweitens haben amerikanische Marken eine lange Tradition für Investitionen
in Online-Marketing und E-Commerce und davon abgesehen auch eine größere Bereitschaft
in Online-Markenschutz zu investieren.
Amerikanische Marken wie Google (100 Bewerbungen) Amazon.com (76), Wal-Mart
(6), GAP (6) oder Chrysler (7) sind bereit, viel in neue TLDs zu investieren.
Die Bewerbungsgebühr allein liegt bei 185.000 USD, hinzu kommen Ausgaben für Marketing
und den Schutz von Marken in anderen neuen TLDs. Zudem gibt es in den USA eine
Vielfalt von Startup-Unternehmen im Online Bereich, von denen sich einige nun
um eine neue TLD beworben haben bzw. sich nur zum Zweck der Bewerbung gegründet
haben.
Wie sieht es in Deutschland aus?
46 der insgesamt 74 Bewerbungen (63
Prozent) kommen von Markeninhabern, 20 sind frei zugängliche TLDs („offene TLDs)“
wie .versicherung, .taxi und .reise. Die übrigen acht Endungen sind die
„Geo-Domainendungen“ .saarland, .ruhr, .nrw, .koeln, .hamburg, .berlin, .bayern
und .cologne. Das Unternehmen Volkswagen mit 5 Bewerbungen bewirbt sich aus
Niederlassungen in den USA, China und Luxembourg (Bugatti).
26 Bewerber sind im B2B-Segment:
Überraschenderweise sind von den 74
deutschen Bewerbungen ganze 26 im B2B-Segment angesiedelt (z.B. .linde, .ksb, .lanxess
und .rwe).
Hauptmotivation
für diese 26 B2B Bewerbungen dürften der
Schutz der Marken sowie die Kontrolle über die eigene Internet-Infrastruktur
gewesen sein.
Unter den
Bewerbungen der Markeninhaber sind viele unterschiedliche Branchen vertreten.
Die 46 Bewerber
verteilen sich auf diese Branchen:
“Industrie”
|
11
|
Auto
|
8
|
Finanz
|
7
|
Pharma
|
6
|
Retail
|
4
|
Logistik
|
4
|
Bau
|
3
|
Tech
|
1
|
Media
|
1
|
Reisen
|
1
|
Was haben gerade
diese 46 Bewerber um eine .Marke TLD gemeinsam?
Hier gibt es zwei
Tendenzen:
1. Die Markennamen sind kurz:
Ungefähr die Hälfte
der Bewerbungen von Markeninhabern (22) stehen für sehr kurze Markennamen (11 Bewerbungen
mit drei Buchstaben, z.B. .bmw, .obi, .rwe /
6 mit 4 Buchstaben, z.B. .audi / 5 mit 5 Buchstaben, z.B. .merck. Endungen
aus ein oder zwei Ziffern sind im lateinischen Skript nicht erlaubt.
Je kürzer der Markenname,
desto grösser wurde im Vorfeld des Bewerbungsfensters für neue TLDs die Gefahr
eingeschätzt, dass es konkurrierende Bewerbungen für identische oder sehr ähnliche Namen geben könne.
Obwohl es
Rechtschutzmechanismen und Einspruchsverfahren gibt, besteht trotzdem die Gefahr,
dass ein anderer Markeninhaber sich auch für den gleichen Namen bewerben darf.
Beispielsweise gibt es mehrere Bewerber für .sas und .merck.
2. Die Bewerber
sind überwiegend große internationalen Konzerne.
Die zentrale
Frage ist nun diese: Haben die 46 deutschen Bewerber um eine .Marke TLD eine
gute Investition gemacht und werden diese Marken gegenüber ihren Konkurrenten
einen Vorteil im Online-Marketing und Branding haben?
Eine zweite
Bewerbungsrunde wird es wahrscheinlich frühestens in drei bis vier Jahren geben.
Deshalb werden „Early Followers“ wie vielleicht Opel und Mercedes Benz, die
sich nicht beworben haben, recht lange warten müssen, bis Sie sich auch unter .Marke
vermarkten können. Zur Vermarktung gehören beispielsweise das Angebot von
.Marke-Dienstleistungen an Kunden, darunter die eigene Website unter .Marke, eine
.Marke E-Mail-Adresse, ein Online Log-Buch über das Produkt etc.
Andererseits
riskieren die „Early Movers“ natürlich, ihren Vorteil nicht effizient nutzen zu
können, und deswegen ihre Investitionen in Bewerbungen und Betrieb der eigenen
Top Level Domains aufs Spiel zu setzen. Ein Risiko mag sein, dass die
Internetnutzer die neuen .Marke Top Level Domains nicht akzeptieren könnten und
weiterhin nur unter .de oder .com suchen.
Rein technisch
bieten neue Domain-Endungen nichts Neues an, was man nicht schon heute unter .de
oder .com hat. Der Unterschied liegt eher in kommunikativen und sicherheitsmäßigen
Aspekten.
So kann ein .Marke
Inhaber möglicherweise Aufmerksamkeit gewinnen mit einfachen Webkampagnen-Adressen
wie „News.Spiegel“ oder „Einfach.Edeka“,
was diese Unternehmen von den „konservativen“ Konkurrenten im positiven
Sinne unterscheiden mag. Ungewiss ist natürlich, ob die Kunden dadurch eher
verwirrt werden.
Mit der guten
Gesellschaft von großen Brands wie Google (.google, .youtube, .lol, etc.)
Amazon, Microsoft und auch Baidu (.baidu), des größten Suchmaschinen- und Internetportals
in China, scheint es aber eine sehr interessante Möglichkeit für die 46
deutschen .Marke Bewerber in der ersten Runde dabei zu sein. Sicher ist eines;
es wird interessant die neuen Online-Kommunikationsstrategien der großen Brands
und der deutschen .Marke Bewerber zu verfolgen.
http://newgtlds.icann.org/en/program-status/application-results/strings-1200utc-13jun12-en
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